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1. Mrz 2015 Comments (0) Views: 4334 Allgemein, MENSCHEN, Regionen, ZIELE

Reise(ver)führungen – Andalusien & Galicien

  • Andalusien & Galicien
  • Torremolinos an der Costa del Sol
  • Ein Mann, ein Pferd, ein Sonnenuntergang
  • Die Strände in Nerja an der Costa del Sol

Wir haben uns mit zwei Berufsreisenden aus Andalusien und Galicien unterhalten und neben den Eigenheiten des Berufs einiges über die Regionen erfahren.

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Reiseführer helfen uns, uns in fremden Landen zurechtzufinden, sie lenken, leiten und erklären. Natürlich kann man auf eigene Faust loslaufen und sich mithilfe von Smartphones oder Büchern unbekannte Straßen, exotische Speisen und unverständliche Menschen verständlich machen. Aber um wie viel einfacher, persönlicher und angenehmer geht das mit einem freundlichen Menschen an der Seite, der dem Besucher als Insider das ferne Land erschließt, das allzu oft auch im übertragenen Sinne fern ist.

 

Eva-Pick_BEAEva Pick, Reiseführerin in Galicien
Pick studierte Spanisch, Germanistik, Französisch und Philosophie in Köln und ist seit 2007 als Reiseführerin für VUELTA Rad- und Wandertouren auf dem Jakobsweg tätig. 2012 gründete sie zusammen mit ihrer Partnerin ihr eigenes Reiseunternehmen, Knulps Reisen, und spezialisierte sich auf Reisen in Galicien und Nordspanien. Sie wohnt in Noia.

Matthias-Franze-beaMatthias Franze, Reiseführer in Andalusien
Franze wuchs in Südspanien auf. Er arbeitet seit vielen Jahren als Reiseleiter für verschiedene Studien- reiseveranstalter, u.a. Lernidee Reisen. Zuvor studierte er vergleichende Religions- und Islamwissenschaft, Indologie, Archäologie sowie Europäische und Orien- talische Kunstgeschichte. Er wohnt seit 1992 in Arcos de la Frontera, Andalusien, und ist mit einer Spanierin verheiratet.

 

…was mir selber so gut an Spanien gefällt: Ruhe, Gelassenheit, dass man nicht alles so ernst nimmt, dass man auch mal was auf Morgen verschieben kann.

 

Warum sind Sie Reiseführer geworden?
Pick: Mich interessierten schon immer fremde Kulturen, Länder und Sprachen und mich hat es schon früh nach Spanien gezogen. Nach mehreren Jahren Erfahrung als Stadtführerin in Köln und als Gruppendolmetscherin habe ich eine neue Herausforderung im Ausland gesucht.

Franze: Ich hatte großes Interesse, gerade in der Gegend Europas zu arbeiten, in der sich Orient und Okzident fast 800 Jahre lang berührt haben. Die Arbeit als Reiseführer in Andalusien schien mir dazu am besten geeignet.

Was lieben Sie besonders an diesem Beruf?
Pick: Einmal die Kulturvermittlung und das Nahebringen dessen, was mir selber so gut an Spanien gefällt: Ruhe, Gelassenheit, dass man nicht alles so ernst nimmt, dass man auch mal was auf Morgen verschieben kann.

Franze: Die Leidenschaft, die ich erfahre, wenn die Reiseteilnehmer z.B. bei der Betrachtung und dem tieferen Verständnis eines schönen Kunstwerks oder einer atemberaubenden Landschaft begeistert sind, ist nur schwer zu beschreiben. Hinzu kommt, dass sich durch das Miterleben mein eigener Horizont in jeder Beziehung unaufhörlich erweitert.

Was ist die wichtigste Eigenschaft, die einen guten Reiseführer auszeichnet?
Pick: Es ist wichtig, dass man auf die Gruppe eingeht und selber den Spaß behält: Begeisterung mitteilen und dadurch die Leute mitnehmen.

Franze: Sechs unverzichtbare Eigenschaften sind wichtig: eine fundierte Ausbildung, Kommunikationsfähigkeit, Führungsqualität, Organisationstalent, Einfühlungsvermögen und Enthusiasmus.

 

Ist Ihnen denn schon mal etwas Außergewöhnliches passiert?
Pick: Ein paar Herren meiner Radreisegruppe hatten sich verfahren und wollten von mir abgeholt werden. Also riefen sie mich an und erklärten: ‚Wir sind hier in einem Dorf.’ Ich musste schmunzeln, denn hier gibt es tausende Dörfer und so fragte ich nach einer etwas genaueren Beschreibung. Einen Namen haben sie nicht gelesen. ‚Hier gibt es eine Kirche’, stellten sie noch fest. Ich musste mein Lachen unterdrücken. In Galicien gibt es über 4.000 Pfarreien. Jedes Dorf hat eine Kirche. Ich fuhr also los und klapperte jedes Dorf nach meiner Herrengruppe ab und habe sie schließlich gefunden.

Franze: In 25 Jahren sammeln sich schon eine Menge Anekdoten an! Die vielleicht ungewöhnlichste Geschichte passierte mir mit einer älteren Reiseteilnehmerin, die sich unversehens in eine phönizische Grabhöhle im andalusischen Carmona setzte und allen verkündete, dass sie fest entschlossen sei, dort zu sterben. Es kostete uns einige Mühe, sie davon zu überzeugen, dies doch besser an einem anderen Ort unter ärztlicher Begleitung zu tun. Später stellte sich heraus, dass sie einen von keinem bemerkten stummen Herzinfarkt erlitten hatte.

Was sind die schönsten Momente in Ihrem Reise-führer-Leben?
Pick: Wenn eine Tour gut läuft und die Gäste glücklich sind. Und überraschende Erlebnisse: So standen wir einmal am Eingang eines kleinen Dorfes, von dem wir gehört hatten, es gäbe dort Höhlen unter den privaten Wohnhäusern, in denen die Bewohner ihren eigenen Wein keltern. Und dann kam tatsächlich jemand auf uns zu, „Ach, wollt ihr die Bodegas sehen?“ Er hat uns einfach mitgenommen. Alle haben uns unglaublich gastfreundlich aufgenommen und bewirtet. Das sind schöne Momente, die man nicht vorausplanen kann.

Franze: Für mich sind die schönsten Momente stets die, bei denen die Augen der Reiseteilnehmer in Erinnerung an das Erlebte und aus zufriedener Dankbarkeit zu leuchten beginnen.

 

Die unkomplizierte, expressive und oft humorvolle Art der Andalusier, die immer wieder trotz aller Widrigkeiten Lebensfreude durchscheinen lässt, ist vielleicht das herausragendste Merkmal.

 

Was lieben Sie an Galicien?
Pick: Hier findet man Ruhe. Man kann durch Wälder oder an der Küste wandern, ohne eine Menschenseele zu treffen. Ich liebe das Küstengebirge mit weitem Blick über die fjordähnlichen Meeresarme und die stimmungsvollen Wälder mit knorrigen Bäumen und bemoosten Steinen bei aufsteigendem Nebel.

Was lieben Sie an Andalusien?
Franze: Andalusien ist – wie Spanien überhaupt – so vielfältig: Der atlantische Westen, die Guadalquivir-Ebene, das waldreiche Gebiet der Sierra Morena, das Hochgebirge der Sierra Nevada, die verschiedenen Küstenabschnitte mit versteckt gelegenen kleinen Buchten, Felsabstürzen und kilometerlangen weißen Sandstränden stellen einen ungeheuren Reichtum dar, der mich begeistert. Letztlich ist es aber das fast unermessliche Kulturerbe, gerade auch in den Städten, das mich immer wieder aufs Neue ver-zaubert.

 

Können Sie die örtliche Mentalität ein bisschen beschreiben?
Pick: Galicier sind herzlich, ehrlich und bescheiden. Und sie nehmen sich viel Zeit. Für ein Glas Wein im Kreis der Familie oder für einen Reisenden, der verloren an einer Weggabelung steht. Dann stellen sie ihre Einkaufstaschen ab und erklären mit Händen und Füßen den Weg.

Franze: Die unkomplizierte, expressive und oft humorvolle Art der Andalusier, die immer wieder und trotz aller Widrigkeiten Lebensfreude durchscheinen lässt, ist vielleicht das herausragendste Merkmal.

Was ist typisch für die lokale Küche? Was kommt auf den Tisch?
Pick: Die Nationalspeise ist Krake und darf auf keinem Dorffest fehlen. Man würzt sie mit ein bisschen Salz, Olivenöl und Paprikagewürz. Ganz zart und frisch muss sie schmecken.

Franze: In der andalusischen Küche ist nach wie vor Olivenöl, vor allem das native kaltgepresste, unverzichtbarer Bestandteil der meisten Gerichte. Ob in Salaten, auf dem morgendlichen Toastbrot, bei der Zubereitung der in den südspanischen Haushalten besonders geschätzten Eintopfgerichte oder für die unzähligen Fischgerichte, das „grüne Gold“ darf nicht fehlen.

 

Warum sollte ich nach Galicien reisen?
Pick: Galicien ist das südlichste Keltenland und bietet eine enorme Vielfalt der Natur: Es ist grün wie Irland, rau wie Schottland, lieblich wie Cornwall und liegt doch in Spanien. Es gibt fünf Weinregionen, 700 Strände, tiefe Schluchten und einsame Bergregionen. Selbst in den Sommermonaten findet man unzählige Naturstrände, an denen man niemanden trifft.

Nennen Sie uns doch ein paar Gründe für Andalusien?
Franze: Während 2013 in Deutschland im Durchschnitt 1.430 Stunden die Sonne schien, kann der Osten Andalusiens bei Almería mit knapp 3.000 Sonnenstunden aufwarten. Traumhafte Strände, faszinierende Landschaftsvielfalt, ein einzigartiges Kulturerbe, tolle Angebote für Aktivurlauber sowie die kommunikative Art der Andalusier machen Südspanien zu einer Top-Destination für jeden.

 

Eva Pick, Reiseführerin in Galicien, www.knulpsreisen.de

 

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Bildnachweis:
Beitragsbild Shutterstock o. ©Sergio-Gutierrez-Getino u. ©Ramon-Espelt-Photography
Bilder v.o.l.n.u.r. ©Marques ; ©David-Herraez; ©Guillermo-Pis-Gonzalez; ©Ramon-Espelt-Photography

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