Ochsenblutrot, Karmesinrot, Quittengelb, Sonnengelb und – natürlich – Orangenorange: Mutter Natur geizt nicht an Farben. Der Spaziergang durch den Berliner Tiergarten ist wie ein Besuch im Tuschekasten (in der Etage mit den Rottönen natürlich nur) und beweist, dass der Herbst eine wunderbare Jahreszeit sein kann.
Noch völlig berauscht von der farbigen Fülle und überbordenden Fröhlichkeit betreten wir das Haus der ehemaligen Dänischen Gesandtschaft, in dem heute das Hotel „Das Stue“ untergebracht ist. Sofort sind wir wieder ganz trunken: von der Einrichtung, den Ideen, dem Design, den Details. Wir durchschreiten (ja genau, „schreiten“, kein schnödes „laufen“ oder „gehen“, „lustwandeln“ wäre auch noch eine Option) das kleine Foyer. Links und rechts steigen Treppen empor und bilden so den Rahmen für das Eingangsgemälde, von dem wir nun ein Teil sind – neben dem geschnitzten Krokodilkopf, den Lederhockern, Schwarz-weiß-Fotos und den Ausblick ins Hintere des Hotels. Über uns hängen viele kleine Lampen in Form einer Welle und spülen uns geradewegs an der Rezeption vorbei ins Restaurant.
Überall Verrücktheiten und Spielereien, ein bunter Muster- und Materialmix. „So etwas würde ich mir nicht zuhause hinstellen, aber es sieht toll aus“, flüstert meine Begleitung ergriffen und deutet mal hier hin, mal dort hin. Die spanischen Besitzer haben ein Händchen beim Design bewiesen. Gleich ob Aschenbecher oder Lampenfuß: alles wirkt durchkomponiert bis hin zu den Gorillas aus Maschendraht oder der Schildkröte aus Leder.
„Wir kündigen unser ‚Schöner Wohnen’-Abo“, beschließe ich spontan, meine Begleitung nickt: „Dann lieber einmal im Monat herkommen, einen Kaffee trinken und sich von der Muse küssen lassen.“ „Das wäre dann eine Stue-se“, vermute ich.
Ach so: der Kaffee. Perfekt zubereitet, genauso wie das Club Sandwich und der Grillgemüse-Salat. Auch die Karte macht Lust darauf, wiederzukommen: Das Restaurant leitet Paco Pérez. Er wurde in seinen spanischen Restaurants mit vier Sternen ausgezeichnet. Hier haucht der Katalane der Küche ein mediterranes Flair ein.
Der Service: unaufgeregt und aufmerksam. Kaum zu glauben, dass unsere Begeisterung noch zu steigern wäre – bis zum Besuch der Toilette.
Dort stehen nämlich Seife und Lotion von Susanne Kaufmann, einer Manufaktur aus Bregenz, Produkte, die auch im hauseigenen Spa verwendet werden. „Noch ein Grund, wiederzukommen“, sage ich und schnüffele begeistert an meinen geseiften und gecremten Händen. „Um aufs Klo zu gehen?“, wundert sich meine Begleitung. „Natürlich nicht! Um das Spa zu besuchen natürlich!“ erkläre ich. Und dann (Achtung! Wortspiel!): verduften wir.
Bildnachweise:
Bilder v.l.n.r.©Das Stue
Tags: Architektur, Design, Hotel Berlin Tiergarten, Kunst, spanisches Restaurant