In der Region südlich der spanischen Hauptstadt Madrid wird schon seit Jahrhunderten Wein angebaut, bekannt und anerkannt seit 1990 unter dem Label „D.O. Vinos de Madrid“. 21 Winzer aus den Unterregionen Arganda, Navalcarnero und San Martín de Valdeiglesias haben sich zusammengetan, und die sechs Weinstraßen „Madrid Rutas del Vino“ ins Leben gerufen, die sich durch eine Vielzahl historischer Orte winden.
Das Madrider Umland ist ein Land der Könige: Die Römer siedelten hier und brachten den Weinbau; die Mauren entwickelten die Städte; die christlichen Könige die Paläste. Das prachtvolle Aranjuez, einstige Sommerresidenz der Könige, nachdem das unweit gelegene Toledo als Hauptstadt von Madrid abgelöst wurde, ist der Handlungsort von Schillers dramatischer Dichtung Don Karlos; besucht und beschrieben hat es 2001 der niederländische Autor Cees Nooteboom für die Zeitschrift Merian. Die Stadt ist Titelgeber für das noch berühmtere Concierto de Aranjuez des spanischen Komponisten Joaquín Rodrigo (1901–1999). Der spanische Maler Francisco de Goya (1746-1828) hat in Chinchón die Menschen des (höfischen) Alltags gemalt, weshalb ihm wohl auch eine der Weinrouten mit dem Titel „Die Szenen und Chroniken des Francisco de Goya“ gewidmet ist. Aber in dieser Stadt erlebte er während der napoleonischen Kriege auch blutige Massaker, die in seiner berühmten Serie „Desastres de la guerra“ (Die Schrecken des Krieges) Widerhall fanden. Sechzig Kilometer westlich in Navalcarnero hochzeitete 1647, knapp hundert Jahre vor Goyas Geburt, Philip IV seine Königin Isabella von Bourbon.
Die Madrider Weinstraßen liegen also zwischen alten bis sehr alten historischen Referenzpunkten, verschiedene Touren führen hindurch: Die Route „Das Zeitalter der Eisenbahn“ umkreist von Arganda del Rey aus, die Gegend um Tielmes und Carabaña bis Pozuelo del Rey. Die Tour „Der Pfad der Könige“ verknüpft Navalcarnero mit Aranjuez, „Der Tajo und der St. Jacobus-Orden“ setzt östlich von Aranjuez in Castillo de Oreja an und führt weiter nach Osten nach Villarejo de Salvanés, auf den Spuren der ‚Reconquista’, der Rückeroberung Spaniens von den Mauren ab dem 11. Jahrhundert. „Das Tal der Kirchen und das Erbe der Zisterzienser“ umschifft die etwas westlicher gelegenen Weinbaugebiete, „Die Ankunft des Römischen Imperiums“ beginnt dagegen östlich von Madrid. Wer sich auf das Gebiet einlässt, besucht die architektonischen Juwelen der Vergangenheit, erlebt wie Nooteboom die „Magnolien, Hunderte leerer Vasen, die Leere des Klassizismus“, die schönen Tage in Aranjuez.
Und dazu: die roten und weißen Weine, der Rosé. Wir trinken Wein von roten Reben, die kleine frühe Tempranillo, Garnacha, Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon; und von den weißen Malvar, Airén, Albillo, Parellada, Macabeo, Moscatel de Grano Menudo und Torrontés. Und schlagen uns in den Bodegas bei den freundlichen Weinbauern auf französisch, spanisch und englisch durch. Ein Hoch auf die alten Römer und das Madrider Hinterland!
Bildnachweis:
Bilder v.l.n.r. © Madrid Rutas del Vino, © Turespana, © Bodega Tagonius, © Bodega Real Cortijo, © Bodega Gosálbez Orti
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