Nacho Gil, seiner Routine von jahrelanger sehr intensiver Arbeit müde, begann seine Beziehung zur Fotografie 2012, was ihn wegen des kreativeren und intimeren Ansatzes mehr reizte. Der gebürtige Madrilene hat seitdem zwei Bücher veröffentlicht: “Callejeando Madrid“ und „Flâneur“. In beiden Büchern spielt Madrid die Hauptrolle.
Fotograf von deutlich urbanem Charakter, was gibt Dir die Stadt, das das Land nicht hat?
Vor allem Menschen. Die Stadt ist ein Bühne, die ständig im Wandel begriffen ist. Das Alltägliche verwandelt sich in eine Summe von Augenblicken, bei denen die Menschen die Hauptdarsteller sind. Genau dies motiviert mich, auf die Straße zu gehen, diese Momente zu entdecken und einzufangen. Es ist eine Herausforderung für mich, meine Beziehung zur Stadt auf solchen kleinen Augenblicken aufzubauen. Madrid bietet dafür die ideale Bühne.
Was ist für Dich wichtig, wenn Du mit der Kamera auf die Straße gehst?
Das Licht, auch wenn es gedämpft ist. Und alle städtischen Räume, die das Licht von den Schatten trennen.
Was ist der beste Moment, um Geschichten in Bildern einzufangen?
Für mich persönlich ist es das Licht. Mit ihm muss ich eine Verbindung zu meiner Umgebung herstellen, eine intime und authentische Verbindung, die es mir erlaubt, auf Details zu achten, die ich ohne diese Verbindung nicht sehen würde. Es ist ein emotionaler Zustand, ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist – das ich aber sofort erkenne, wenn es aufsteigt.
Dein letztes Fotobuch trägt den Titel „Flaneur“. Worauf bezieht er sich?
„Flâneur“ kommt aus dem Französischem und könnte übersetzt werden als „Spaziergänger ohne Ziel und Plan“. Der französische Dichter Baudelaire fasste es 1863 folgendermaßen zusammen: „Für den perfekten Flâneur, für den leidenschaftlichen Beobachter, ist es eine große Freude, sein Zelt mitten in der Menge aufzuschlagen, zwischen Ebbe und Flut der Bewegung, inmitten des Flüchtigen und des Unendlichen.“ Ich identifiziere mich mit dieser Art, die Stadt zu erleben – daher der Titel des Buches.
Welcher Bezirk von Madrid hat eine besondere Bedeutung für Dich?
Eines der Dinge, die ich am meisten an Madrid schätze, ist seine Vielfalt. Jedes Viertel hat seine Besonderheiten, seine kleine Welten, die es für den neugierigen Beobachter zu entdecken gilt. La Latina, Lavapiés, Tetuán, Chueca, Malasaña, Las Letras sind Viertel mit einer eigenen Persönlichkeit. Aber man kann auch durch Arganzuela, Salamanca, Universidad flanieren. Der Charme von Madrid liegt in dieser Vielfalt und in der Energie und dem Leben, die jedes dieser Viertel vermittelt. Die Fotografie hat mir geholfen, meine Stadt besser kennenzulernen und sie mit anderen Augen zu betrachten.
Alle Fotos von (c) Nacho Gil.
Instagram: @nachogilfoto
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